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Eingestellt: 15.01.09 | Erstellt: 01.07.08 | Besuche: 10409
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Antennen müssen auf Empfang stehen: Eine offene Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg von Open Innovation

Keine Innovation ohne Kommunikation – so einfach ist das. Oder vielleicht doch nicht? Wie aktuelle Studien belegen, haben Kommunikationsstrategie und Innovationsmanager oft geradezu gegensätzliche Vorstellungen, und nur in jedem zehnten Unternehmen sind die jeweiligen Prozesse systematisch miteinander verzahnt. Sicher ist es kein Zufall, dass ausgerechnet die Marktführer eine vergleichsweise offene Kommunikation in ihren Unternehmen pflegen.

Quellen:
(Beitrag aus: Wissenschaftsmanagement. Zeitschrift für Innovation, 2008/4)   AUSSCHNITT: Jeder dritte Europäer glaubt tatsächlich, "normale Tomaten enthalten keine Gene, während genetisch modifizierte welche haben” (Gaskell 2006), und nur 41% aller Europäer wissen demnach, dass das Unsinn ist – immerhin sechs Prozent mehr als noch vor 10 Jahren (s. Abb. 1). Wie viel, fragt man sich, muss in der Kommunikation biotechnologischer Innovation schief gelaufen sein, damit sich solch ein Irrglaube in der Öffentlichkeit ungehindert verbreiten kann? Im Grunde genommen wird die Ablehnung gentechnisch veränderter Lebensmittel, für die es ja durchaus auch fundierte Argumente gibt, damit geradezu zur logischen Konsequenz misslungener Kommunikation. Im schlimmsten Fall kann sich dies zu einer wahren Technophobie auswachsen – so wie damals, als die ersten Kernkraftwerke ans Netz gingen und ein beträchtlicher Teil der Deutschen meinte, der neue Atomstrom, der da aus der Steckdose komme, sei „verstrahlt“ und somit gefährlicher als Strom aus konventionellen Kraftwerken. Angesichts solcher Beispiele drängt sich Unternehmen branchenübergreifend die nicht selten sogar existenzielle Frage auf, wie sich die öffentliche Meinungsbildung frühzeitig erkennen und im Sinne der eigenen Sache beeinflussen lässt. Beantworten lässt sich diese Frage weder mit traditionellen PR-Instrumenten noch mit Millionen-Investitionen in politischen Lobbyismus, wie etliche neue Studien zur Innovationskommunikation zeigen. Demnach liegt die Antwort vielmehr in einer viel engeren Verzahnung des Innovationsmanagements mit einer deutlich offeneren Kommunikation, die sich nicht nur als Sprachrohr versteht, sondern auch als Moderator und Themenscout.Wie unterschiedlich das Verständnis beider Seiten ist und wie sich dies in der strategischen Ausrichtung und Umsetzung widerspiegelt, zeigt eine Befragung von 70 Praktikern aus 41 Unternehmen so genannter Zukunftsbranchen im Rahmen einer gemeinsamen Studie der Universität Leipzig (Lehrstuhl Prof. Dr. Ansgar Zerfaß) mit der PR-Agentur Fink & Fuchs. Aufschlussreich sind die Ergebnisse vor allem deshalb, weil Entscheider beider Unternehmensbereiche befragt und die Ergebnisse in Beziehung zueinander gesetzt wurden. Zwar ist die Untersuchung nicht repräsentativ, bezieht sich hauptsächlich auf große Technologiekonzerne und lässt somit kleine und mittelständische Unternehmen als die eigentlichen Innovatoren eher außen vor (siehe hierzu die Ergebnisse einer Wiener Studie im hinteren Teil dieses Beitrags). Trotzdem sind einige überraschende Trends empirisch derart signifikant, dass man sie zumindest genauer betrachten sollte. Außerdem verstehen sich zwei Drittel der Befragten als „Innovation Leader“ ihrer jeweiligen Branche, was einen umfassenden Blick auf „Best Practice“ in der Industrie erlaubt. 40% dieser Unternehmen setzen bereits heute auf „Open Innovation“, also auf die Einbeziehung von Kunden, Partnern oder sogar Konkurrenten in die eigenen Entwicklungsprozesse, wie sie zuerst von Henry Chesbrough (2003) gefordert wurde. Vielfach beschränkt sich dieses Engagement der Unternehmen aber auf die Strategie, während erforderliche Strukturen fehlen – wie etwa interdisziplinäre Teams, Weiterbildung und Kommunikations-Coaching der Mitarbeiter oder eine integrierte Kundenkommunikation. Unterschiedlich beantworten Innovations- und Kommunikationsverantwortliche die Frage, ob eigenes Know-how vor Wettbewerbern geschützt werden sollte und ob eigene Ideen auch an externe Partner verkauft oder lizenziert werden sollten: Die PR begegnet diesen Ansätzen für offenere Innovationsprozesse mit mehr Skepsis als das Innovationsmanagement, so ein Ergebniss der Studie. Zudem wird diese Offenheit eher als Einbahnstraße verstanden, auf der weitaus mehr externes Know-how eingebunden als internes Know-how geteilt werden soll. Diese offenbar weit verbreitete Skepsis ist vermutlich eine Folge mangelnden Vertrauens: „Die Bereitschaft, Wissen zu teilen sowie Macht und Kompetenzen abzugeben“, ist nach Hoewner et al. (2008) die elementare Voraussetzung für eine Öffnung der Prozesse. Eine anschauliche Anekdote hierzu ist die Entstehung des Weltkonzerns Apple: Entwickler Steve Wozniak, der später mit Steve Jobs das Unternehmen gründete, hatte die Konstruktionspläne seines ersten Apple-Computers damals noch frei an andere Bastler auf dem Campus von Stanford verteilt, die sich regelmäßig im „Homebrew Computer Club“ trafen. Denn Informationstechnologie war damals noch derart unerforscht, dass die „Homebrewer“ davon überzeugt waren, allein durch den vorwettbewerblichen Austausch von Entwicklungsergebnissen das ganze Potenzial der Technologie erschließen zu können. Somit ist also der erste Heimcomputer sozusagen das Produkt eines frühes Verständnisses von Open Innovation. Als jedoch in der Runde nach und nach immer mehr marktfähige Produkte entwickelt wurden, standen sich die Clubmitglieder plötzlich als Konkurrenten gegenüber, schotten sich und ihre Ideen zunehmend gegeneinander ab, bis der Club schließlich 1986 aufgelöst werden musste (Osterloh et al. 2006). Die Innovationsprozesse der Einzelnen wurden wieder geschlossen.Die wichtigsten Quellen neuer Ideen sind laut der Leipziger Studie die eigenen Mitarbeiter und bestehende Kunden (s. Abb. 2). Wie in vielen vergleichbaren Untersuchungen zeigt auch die vorliegende Studie eine erschreckend geringe Einbindung von Forschungseinrichtungen, womit auch gleich das größte Potenzial deutlich wird. Diese Ergebnisse sprechen allerdings mehr die Sprache von Großkonzernen als von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Immerhin: Bei den „Innovation Leadern“ kommt inzwischen fast die Hälfte der Ideen von „Draußen“. Während die PR-Leute auffallend deutlich die Bedeutung der eigenen F+E als Ideengeber überbewerten, sieht das Innovationsmanagement hier vor allem Geschäftspartner sowie die Fachcommunity und sogar die eigenen Wettbewerber als wichtig an und setzt auf neue Wissenszugänge.
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